The Berlin Spectator
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Wasserschutzpolizei Berlin: Nass werden gehört zum Job

Die Berliner Polizei hat zahlreiche Dienststellen. Eine davon ist die Wasserschutzpolizei der Hauptstadt. Ihre 185 Beamten sind für viele Kilometer Fluss und diverse Seen zuständig. Von Bootsunfällen bis hin zur Sicherheit reicht die Aufgabenpalette der Polizist(inn)en auf dem Wasser.

Berlin, 7. September 2019 (The Berlin Spectator) — Auf im Sommer geschossenen Fotos sieht es zuweilen so aus, als würden die Beamtinnen und Beamten der Wasserschutzpolizei auf der Spree Urlaub machen und sich wie Grillhähnchen bräunen. Es fehlen eigentlich nur die Bierkästen und die Bikinis. Nichts könnte allerdings weiter von der Realität entfernt sein.

200 Kilometer Fluss

René Behrendt arbeitet seit 43 Jahren bei der Polizei. Im Oktober wird er Referatsleiter der Wasserschutzpolizei sein, leitet die Truppe aber bereits seit geraumer Zeit. Er kennt alle Details, inklusive der hohen Arbeitsbelastung seiner Kolleginnen und Kollegen. Immerhin sechs Prozent der Fläche Berlins sind mit Wasser bedeckt. Dies ist Behrendts Bereich.

In Berlin gibt es 200 Kilometer an Flüssen und Kanälen. Behrendt und sein Team müssen jeden Zentimeter überwachen, darunter 96 Brücken und sieben Schleusen. Die Berliner Wasserpolizei ist überall, inklusive des Wannsees, des Müggelsees, der Spree und des Landwehrkanals. An den äußersten Rändern Berlins verläuft die Grenze zu Brandenburg stellenweise in der Flussmitte. In diesen Bereichen sprechen sich die Berliner mit den Brandenburger Kollegen ab.

Bis 2008 hatte die intern als WSP bezeichnete Wasserschutzpolizei vier Wachen. Aus Kostengründen musste eine davon über Bord geworfen werden. Übrig blieben die Bereiche Ost, Mitte und Nord. Hinzu kommt die Abteilung “Zentrale Vollzugsaufgaben”. Achtzehn Polizeiboote, einige davon sind nicht gerade neu, sind vorhanden. Aber die Wasserschutzpolizisten und ihre Kolleginnen können hervorragend Auto fahren, eine zusätzliche Fähigkeit, von der sie regelmäßig Gebrauch machen.

Müll in der Spree

Es gibt sogar eine Hubschrauberstaffel in der Berliner Wasserschutzpolizei. Der Cheftechniker ist froh, dass sich seine WSP-Kolleginnen und Kollegen die Hubschrauber mit der Bundespolizei teilen müssen. Da letztere für die Flugzeuge verantwortlich sind, muss er sich nicht um Rotoren und ähnlich komplizierte Dinge kümmern. Die Bootsflotte und Fahrzeuge reichen ihm.

Anders sehen es Beamtinnen und Beamte, die Teil der Hubschrauberstaffel sind. Sie finden sehr wohl, dass sie ihre eigenen Hubschrauber haben sollten, auch da sie nicht von der Bundespolizei abhängen wollen. Bei diesem Stand der Dinge dauert es zuweilen zu lang, bis ein Hubschrauber zur Verfügung steht, wenn er gebraucht wird.

WSP-Chef René Behrendt ist seit 43 Jahren bei der Polizei. Foto: Imanuel Marcus

Eines steht fest: Die Poliziste(inne)n auf dem Wasser haben eine lange Liste an Aufgaben zu bewältigen. Sie haben mit Umweltverschmutzung im Wasser zu tun sowie mit illegal abgeladenem Müll am Ufer. Bootsunfälle stellen einen weiteren Aufgabenbereich dar. Auf der Spree geht es zuweilen ziemlich verrückt zu, ebenso wie an Land.

“Bobby Bär & Hansi Hase”

Diebstahl ist auch kein reines Land-Phänomen. Während auf den Straßen Berlins luxuriöse Fahrzeuge mit Sternen auf der Haube oder Nieren am Kühler verschwinden, um ein bis zwei Stunden später in Polen zu landen, verbreitet sich auf dem Wasser der Bootsmotorenklau. Diese Triebwerke können bis zu 50.000 Euro Wert sein, wie ein Mittelklasse-BMW.

René Behrends großes Team hat zivile Boote, mit denen Bereiche überwacht werden können, in denen zum Beispiel ein Diebstahl erwartet wird. Manchmal müssen die Beamtinnen und Beamten aber auch sehr schnell reagieren. Dies ist eine Herausforderung, denn auf dem Wasser können Einsatzwege zum Tatort oder Unfallort zwei Stunden dauern. Dies hängt vom Standort des nächsten Polizeibootes ab.

Der WSP-Beamte Rüdiger Binsch kennt die Berliner Wasserwege hervorragend. Foto: Imanuel Marcus

In kalten Wintern haben die Wasserschutzpolizisten und -polizistinnen Berlins auch mit Eis zu tun. Sie müssen sicherstellen, dass niemand die gefrorenen Seen oder die Spree betritt solange das Eis noch zu dünn ist. Sie besuchen Grundschulen, um 7-Jährige über die Gefahren aufzuklären. Dazu nutzen sie die spannenden Geschichten von “Bobby Bär und Hansi Hase”.

“Smoke on the Water”

Es gibt sogar noch mehr Aufgaben: Die WSP bekämpft Feuer, darunter Bootsbrände, dies allerdings in Kooperation mit der Berliner Feuerwehr. Da es keine eigene “Wasserfeuerwehr” gibt, gilt das “Rendez-Vous-Prinzip”. Dies bedeutet, dass die Feuerwehr im Ernstfall mit Polizeibooten am Ufer abgeholt und zum Brand gebracht wird. Einige der WSP-Boote sind mit Löschpumpen ausgerüstet. Einen Vorteil haben Löscharbeiten auf dem Wannsee oder der Spree: Hier geht der Wasservorrat nie zur Neige.

Als wären die genannten Zuständigkeiten der WSP nicht schon umfangreich genug, hat sie noch mehr Verantwortung. Berlin ist Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Sicherheit wird hier groß geschrieben. Dies gilt auch, wenn der Bundestag tagt. An diesen Tagen muss die Spree im Regierungsviertel noch intensiver bewacht und sogar zeitweise gesperrt werden. Kompliziert wird es, wenn Staatsgäste nach Berlin kommen.

Polizeitaucher suchten diese Woche eine Leiche im Landwehrkanal. Foto: Imanuel Marcus

Bestimmte Politiker haben den Status “Gefährdungsstufe 1”. Dazu gehören etwa der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und U.S.-Präsident Donald J. Trump. Wenn einer von ihnen im Kanzleramt auftaucht, sind Behrendt und seine Leute stets sehr beschäftigt, denn dann werden alle Wasserwege um das Regierungsviertel herum komplett gesperrt. Nur Enten und Schwäne dürfen an entsprechenden Tagen passieren, un dies auch nur wenn sie sich anständig benehmen.

Demonstrationen auf dem Wasser

An weniger stressigen Tagen verteilt die Wasserschutzpolizei auch Strafzettel. Die Höchstgeschwindigkeit auf den Berliner Gewässern beträgt 25 km/h. Wer mit übertriebenen Geschwindigkeiten über die Spree oder die Seen rast, wird gestoppt und bestraft.

Eine weitere Aufgabe der WSP besteht darin, Demonstrationen auf dem Wasser zu begleiten und dafür zu sorgen, dass alles reibungslos verläuft. Wasser-Demos sind eine neue Modeerscheinung, von der auch Linksradikale zunehmend Gebrauch machen. Proteste auf der Spree verliefen bisher stets friedlicher als an Land. Die Berliner Polizei hofft, dass dies so bleibt.

Die “Albatros” ist nicht gerade neu. Foto: Imanuel Marcus

Es gibt eine einzige Aufgabe, die mit Wasser zu tun hat, aber dennoch von der WSP nicht angerührt wird. Es geht um das Tauchen. Dafür sind innerhalb der Polizei Andere verantwortlich. Sie such etwa nach Leichen oder ins Wasser geworfenen Objekten. Diese Woche suchten Polizeitaucher im Landwehrkanal nach einer Leiche, nachdem ein mit einem Messer angegriffener Mann spurlos verschwunden war.

Neues Boot auf dem Weg

Bewerber(innen), die Teil der Berliner Wasserschutzpolizei werden wollen, müssen zunächst konventionelle Polizist(inn)en werden und beweisen, dass sie gewissenhaft arbeiten und belastbar sind. WSP-Jobs sind nicht für alle Beamt(inn)en geeignet. Bei der Wasserschutzpolizei gibt es 11-Stunden-Schichten. Und selbst die kürzeren Arbeitstage sind anstrengend.

Polizeiarbeit kostet Geld. Die gesamte Polizei Berlin schluckt jedes Jahr 1,5 Milliarden Euro, ohne allzu viele Extras. Einen Teil der Rechnung begleicht der Bund, aufgrund all der Arbeit, die aufgrund der Tatsache verrichtet wird, dass Berlin Hauptstadt ist.

Trotz ihrer guten Arbeit und wichtigen Rolle ist es für René Behrendt und seine WSP nicht leicht, an die Ausrüstung heranzukommen, die sie braucht. Einige der Boote sind mehr als fünfzig Jahre alt. Endlich, nach Jahren der Verhandlungen, wird im Oktober ein neues Polizeiboot angeliefert. Auf dem Preisetikett steht ein Betrag von 870,000 Euro.

Bagel-Boote

Ein neues Phänomen, das die Wasserschutzpolizei während des heißen Sommers 2019 auf Trab hielt, waren neumodische Partyboote in Form von Bagels. Diese befördern meistens besoffene Passagiere, denn sie wurden für feucht-fröhliche Grillparties entworfen. Das Problem: Der Bootsführer muss nüchtern sein wie ein Stockfisch.

Letzteres gilt auch für die Frauen und Männer der Berliner Wasserschutzpolizei. Auch müssen sie fit sein, da sie mit Wind und Wetter zu kämpfen haben. Und mit dem Wasser. Die Spree ist nass. Der Wannsee und der Müggelsee auch. Und nass werden gehört bei der WSP zum Job.

Die englische Version dieses Artikels ist hier einsehbar.

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